Die nächsten Zeilen fallen mir besonders schwer.
Die erste OP
Eine Zeit an die ich nicht besonders gerne zurück denke.
Und auch vieles nicht mehr im Detail da ist, weil man es in einer gewissen Art verdrängt hat. Man versucht sich an die Momente zu erinnern, doch der Körper reagiert mit enormer Abwehr. Dennoch möchte ich euch an diesem Ereignis teilhaben lassen. Er hat wieder einmal unser Leben geprägt und gezeichnet.
Seit Ramils Geburt wussten wir, dass dieser Tag kommen wird. Und wir wurden bereits mehrmals über die Risikien und die Art und Weise wie es ablaufen wird aufgeklärt.
Wir hatten ANGST, ganz ganz große Angst.
Dezember 2010
Das Jahr 2010, wir wollten vor dieser OP die Taufe und die Hochzeit und das haben wir gemacht, weil wir eine Familien sein wollten und ihn in Gottes Händen wissen wollten in diesen schweren Zeiten.
Die meisten Menschen konzentrierten sich in dieser Zeit auf das Fest der Liebe.
Wir bereitete uns auf die erste große OP vor.
Wir bekamen alle möglichen Voruntersuchungen und Vorgespräche.
Der Chirurg erklärte uns wie er Ramils Gaumen schließen wird. Drei Schichten.
Ungefähr 3 Stunden sollte die OP dauern.
Die Termine an dem Tag vor der OP waren ja noch "Ertragbar".
Wir waren aufgeregt, aber wir versuchten alles um unseren Engel abzulenken und ihm nicht merken zu lassen, welche enorm große Angst wir hatten.
Operiert wurde er in der Kopfklinik in Tübingen.
Stationär war er in der Kinderklinik, das bedeutete ein kleine Fahrt von etwa 3 Minuten.
Die Nacht vor der Op.
Schlaflos.
Nicht nur weil man Angst hatte, nein das unbequeme Bett und die Enge kamen noch dazu.
Der OP TAG
Ramil war schon immer ein Frühaufsteher.
Direkt nachdem wir aufgestanden sind, haben wir uns fertig gemacht und sind los.
Wir wussten wir müssen ihn bblenken.
Der Gang Richtung Aufnahme.
Es war ein Wartezimmer in dem wir warten mussten.
Würde man das, was da gemacht wurde mit mir heute nochmals machen, ich würde zum Tier werden.
Keiner, aber auch keiner hat mich vor diesem Moment gewarnt oder mir in irgendeiner Form das erklärt.
Ich war die ganze Zeit darauf eingestellt, das wir Ramil begleiten werden, dass er aufgerufen wird, fertig gemacht wird, die Betreuung bekommt und wir uns "verabschieden" können und er in Ruhe in den OP gefahren wird.
NEIN
Ramil bekam dieses "Ich mach dich müde" Getränk. Das sollte nach ein paar Minuten anschlagen. Hat es bei unserem aktiven Kind überhaupt nicht. Er spielte fröhlich weiter und wurde ungedulig.
Dann kam ein Mann mit einer Spritze.
Sagte nichts groß ausser das er ihm das jetzt gibt zum schlafen.
Spritze es und riss ihn mir aus der Hand und verschwand!!!!
ER riss ihn mir einfach aus meinen Armen.
Ohne Vorwarnung, ohne das ich ihm sagen konnte
"Mama ist bei dir, hab keine Angst"
Nein.
Die Erklärung später lautete:
Viele Eltern reagieren panisch, wenn ihr Kind bewusstlos wird, das wollte er vermeiden!
Niemals mehr wird ein Mensch mir mein Kind so aus den Armen reißen!
Niemls mehr.
Die Zeit des warten begann.
3 Stunden wurden etwa angesetzt.
Wir versuchten uns mit allem möglichen abzulenken. Essen,
reden, rumlaufen.
Bis die 3 Stunden vorbei waren und wir uns vor dem Aufwachraum einen Platz suchten.
4 Stunden
Die Gefühle, die einem da durch den kopf schießen.
Unbeschreiblich.
Wir liefen auf und ab. Versuchten jemanden zu finden der uns Auskunft geben konnte.
Niemand.
Wir warteten weiter.
Nach 5 Stunden endlich.
Wir konnten zu ihm.
Diese BILD. Mein hilfloses Kind. Er kämpfte.
Er kämpfte so verdammt schwer. Seine Zunge war angeschwollen und er versuchte zu Atmen, zu schlucken.
Er war enorm gestresst. Wir kamen und das erste was wir machten war ihn zu beruhigen. Wir nahmen ihn in unsere Arme und sein Puls beruhigte sich.
DIE WORTE DES NARKOSEARZTES:
Das Kind braucht seine Eltern, er hat sich beruhigt. Die Eltern bleiben bei ihm egal was ist.
DIESE WORTE, hätten sie nur Gewicht getragen!
So hart dies jetzt klingt. Ramil sah nicht gut aus. Er kämpfte enorm mit dieser OP
.Seine Zunge war so enorm angeschwollen.
Er kämpfte mit dem Atmen und er kämpfte mit der Narkose.
Die Zeit im Aufwachraum war hektisch und unruhig. Ramil kam nicht so richtig zu sich und es war schwer ihn im Bett zu halten.
Nach einiger Zeit hatte er sich aber endlich soweit beruhigt, dass wir ihn für den Transport bereit machen konnten und Richtung Kinderklink fuhren. Er kam erstmal auf die Kinderintensiv. Wir wurden gemeinsam mit ihm in die Kinderklinik gefahren. Wir wichen keine Sekunde von seiner Seite.
Wir kamen an der Kinderintensiv an.
Und dann passierte es.
Die Schwester die ihn übernommen hatte schickte uns weg. Wir sollten doch bitte kurz in den Elternraum gehen, solange sie Ramil aufnehmen. Ich weigerte mich. Ich wollte mit aller Macht mein Kind nicht alleine lassen. Nicht in diesem Momenent. Ich wusste, dass er er uns braucht. Sie konnten alles vor meinen Augen machen. Egal, aber nicht uns wegschicken. Eine erregte Diskussion zwischen der Schwester und mir entstand. Ramils Papa lenkte ein und wollte keine Szene auf der Kinderstation und zerrte mich in den Elternraum. Es vergingen die ersten 5 Minuten. Vom Fenster des Elternzimmers konnte man ein wenig in das Zimmer schauen, in dem Ramil aufgenommen wurde. Ich sah Ärzte. Sehr viele Ärzte. Nach 10 Minuten wurde ich unruhig. Ich sagte zu meinem damaligen Mann, dass da was nicht stimmt. Die Aufnahme dauert niemals so lange. Und das dabei so viele Ärzte um ihn stehen auch nicht.
Mein Gefühl sollte mich nicht täuschen. Es dauerte noch eine gefühlte Ewigkeit und meine Angst stieg ins unermessliche.
Wir wurden geholt.
Ich kam mir vor wie jemand der nicht gewünscht war. Und das bei meinem kleinen Kind.
Wir kamen in den Raum. Ramil hatte einen Tubus im Mund und schlief.
Er wurde wieder "ruhiggestellt".
WAS IST PASSIERT
Nachdem die liebe Schwester (bitte entschuldigt meine ironische Ausdrucksweise, aber der Hass auf diesen Menschen ist auch nach Jahren immer noch sehr groß) uns weggeschickt hat, um Ramil an die ganzen Kabel anzuschließen, steigerte er sich in die Situation in der sich befand enorm rein. Er bekam Panik. Seine Zunge ist nochmals mehr angeschwollen und sie verhinderte somit die gesamte Atmung. Mein Kind bekam keine Luft mehr. Daher die vielen Ärzte, die an seinem Bett standen. Sie versuchten verzweifelt mehrmals einen Tubus zu legen. Die angeschwollene Zunge erschwerte den Weg. Dazu kam noch die frisch operierte Gaumennaht.
Am Ende haben sie in wieder sediert und mit dem Tubus über den Mund ein Teil der OP Naht aufgerissen.
Ich war wütend, so enorm wütend auf diese Schwester. Von diesem Zeitpunkt an durfte sie nicht mehr an mein Kind.
Ich hatte so große Angst um meinen kleinen Engel.
Er lag da, regungslos. Tage verstrichen. Die Zunge wollte um keinen Millimeter zurück gehen. Man versuchte ab und an ihn aufzuwecken, doch er kam mit der Situation nicht klar. Sobald er wach wurde, sank seine Atmung rapide ab.
Die nächsten Tage waren der Horror. Er wurde Tag für Tag sediert. Wir hatten ein so lebhaftes Kind, das nun einfach da lag und schlief. Wir warteten trotzdem jede Minute bei ihm. Machten ihn frisch und versuchten uns um alles zu kümmern was wir nur konnten. Damit so wenig wie möglich von den Schwestern getan wurde.
Weihnachten kam.
Das Fest der Liebe und wir feierten es mit einem schlafenden Kämpfer auf der Kinderintensiv. Ein Ehepaar besuchte die Kinder auf dieser Station um ihnen eine Freude zu bereiten.
Ramil bekam davon leider nichts mit.
Ach und wisst ihr wo ich die Zeit über schlafen durfte? Im Spielezimmer der Kinderstation. Abends musste ich mir mein Bett aus der Abstellkammer holen und es im Spielezimmer aufbauen. Dort konnte ich dann mit Festbeleuchtung von der Station schlafen.
Morgens musste man diese dierekt wieder abbauen, damit die Kinder wieder ihren Raum zum spielen hatten.
Endlich kam der Tag, an dem er langsam wieder versuchte wach zu werden. Zumindest für ein paar Stunden.
Er war so wahnsinnig stark und kämpfte so enorm.
Mein Herz zerreist heute noch, wenn die Bilder in meinem Kopf ablaufen.
Die Zunge ging ganz ganz langsam zurück.
Langsam kehrte wieder Leben ein in Ramil.
Es dauert wirklich wahnsinnig lange bis unser Engel wieder unser Engel wurde.
Nach einer langen Zeit im Krankenhaus durften wir nach Hause.
Zuhause begann wieder ein Kampf mit der Atmung. Nach der OP durften wir erstmal keine Platte verwenden.
So hieß es für uns Kind Lagern Lagern Lagern.
Der Monitor wurde wieder unser Begleiter.
Nach Rücksprache mit der Ärztin bekamen wir ein Pflegebett.
Das Loch im Gaumen erschwerte ihm das Essen und das Atmen enorm. Und die Nächte mit Lagern verbringen war keine Lösung.
Das Loch musste geschlossen werden. Das war klar. Aber wir mussten mindestens ein Jahr warten. Die Gefahr das die Narbe nicht hält war zu groß.
Ein ganz enormer Rücksschritt.
Aber auch den meisterte unser kleiner Kämpfer.